Vor vielen Jahren schrieb ich eine kleine Kurzgeschichte über ein Mädchen mit ihrem Haflinger. Veröffentlicht wurde diese Geschichte in der Anthologie Kindheit ist (k)ein Kinderspiel (Werbung unbezahlt).
Zu diesem Buch taten sich im Jahr 2013 42 Autoren der Facebook-Gruppe „Portal für Autoren, Leser, Blogger, Grafiker“ zusammen, um für die Elterninitiative Helping Hands for Dome , die krebskranke Kinder unterstützt, Geld zu spenden. Für dieses Buch haben wir Erfahrungsberichte, Geschichten und Gedichte zur Verfügung gestellt und verzichten auf ihr Honorar. Das Band ist nach wie vor auf Amazon erhältlich.
In meiner Kurzgeschichte geht es nicht um irgendein Mädchen, sondern um meine Kindheit mit meiner Bella.
Das Mädchen mit dem Haflinger
Kennst du das Mädchen mit dem Haflinger? Sie ritt fast jeden Tag ins Gelände. Meistens abends nach der Schule. Sie ritt immer eine Stunde. Das sagte sie auch zu ihrer Großmutter, die sich immer schreckliche Sorgen um sie machte. Doch das Mädchen interessierte das nicht. Sie war völlig unbeschwert und sorgenlos. Angst war für sie ein Fremdwort. Wenn ihr Haflinger einmal scheute – und das tat er oft – dann lachte sie, denn es machte ihr nichts aus. Manchmal, wenn ein Traktor kam, rannte der Haflinger panisch über das Feld. Aber das Mädchen lachte darüber nur. Auch wenn eine Plastiktüte im Gebüsch lag, rannte das Pferd ängstlich los. Doch dem Mädchen machte das auch nichts aus. Sie war völlig unbeschwert, hatte keine Angst. Zu Hause auf dem Bauernhof hatte sie einen kleinen Reitplatz. Dort baute sie einfache kleine Hindernisse auf. Die Ständer bestanden nur aus einfachen, alten Autoreifen und die Stangen waren bemalte Weinbergsstickel. Das war alles nicht professionell, aber das Mädchen und der Haflinger waren glücklich.
Auf ihren Ausritten träumte sie von einem eigenen Reitstall mit edlen Pferden. Doch das beste Pferd der Welt war für sie ihr Haflinger, der nichts konnte, außer ihr zu vertrauen. Und sie vertraute ihm wie ein Blinder. Sie wollte immer nur alleine ausreiten, niemand durfte sie begleiten. Es sollte nur sie und ihren Haflinger geben dort draußen zwischen den Feldern und Weinbergen.
Sie hatte bestimmte Wege, die sie immer galoppierte. Ihr Haflinger freute sich schon immer darauf, denn er wusste genau, welche Wege es waren! Das Pferd wurde auf dem Weg dorthin immer schneller, und sobald es den ersten Huf auf den Grasweg gesetzt hatte, rannte es im schnellen Galopp los. Das Mädchen stellte sich dann in die Steigbügel und spürte den Wind, der ihr durch die Geschwindigkeit ins Gesicht wehte.
Nie machte sie sich Gedanken darüber, dass ihr etwas passieren könnte. Sie sang immer unbeschwert ihre Lieblingslieder auf den Ausritten. Nur für sich selbst und den Haflinger. Manchmal pfiff sie auch eine Melodie vor sich hin. Das hörte niemand außer dem Haflinger.
Wenn ihre Großmutter schimpfte, weil sie gesehen hatte, wie das Mädchen beim Springen das Gleichgewicht verloren hatte und auf dem Hals des Pferdes, statt im Sattel gelandet war, dann lachte das Mädchen nur und sagte: „Oma, wer noch nicht heruntergefallen ist, ist auch noch nicht geritten!“
In Wirklichkeit war sie noch nie vom Pferd gefallen. Sie war eine gute Reiterin, auch wenn ihr letzter Reitunterricht schon etwas länger her war. Den Spruch, den sie zu ihrer Großmutter gesagt hatte, hatte sie von einem Klassenkameraden. In ihn war sie auch verliebt seit dem Kindergarten. An ihn dachte sie immer bei ihren Ausritten, irgendwann, wenn sie einmal groß war, wollte sie ihn heiraten!
Ich habe sie oft gesehen, wenn sie ihre Runden im Gelände drehte. Furchtlos und stark. Voller Selbstvertrauen und immer lächelnd. Ganz auf ihren kleinen Haflinger vertrauend.
Doch das ist lange her!
Habt ihr sie gesehen? Wo ist sie hin?